Vietnam
Liebe Freunde,
nun ist bald unsere Zeit in Vietnam um. Wir mögen dieses Land und seine Menschen, wobei wir viele unterschiedliche Bilder kennengelernt haben:
Der Kaderkapitalismus hat bereits alle Vietnamesen zu Millionären gemacht – 1 Million Dong = 37 € und Onkel Ho grinst von jedem Geldschein runter! Saigon heißt jetzt Ho Chi Minh City.
Was hörten wir von einer Deutschen? „Ho Chi Minh City ist echt heftig“, und das ist es wirklich! Wer diese Stadt noch nicht erlebt hat, kann es sich schwer vorstellen. Tausende von Mopeds, die gleichzeitig und auch gegen die Fahrtrichtung durch die Straßen knattern, sich an den Kreuzungen vor den Ampeln stauen, um dann bei Grün auf einmal Gas zu geben. Sie schlängeln überall durch, zwischen Essständen, Fußgängern und auf Fußwegen und an den wenigen Autos vorbei und alle sind total friedlich dabei. Anfangs hat man das Gefühl, man ist sich seines Lebens nicht sicher, wenn man eine Straße überqueren will. Die gewaltige Adrenalinproduktion, die wir zuerst jedes Mal hatten, reduzierte sich allerdings im Laufe der Zeit. Mutig und beherzt Händchen-haltend durch schlängeln, ist die Lösung – man kann darauf vertrauen, dass die Fahrer ihre Richtung ändern, wenn Fußgänger kreuzen. (Manche erinnern sich vielleicht an Ulrich Wickerts Reportage über seine Querung des Étoile in Paris) Es war aufregend und ebenso anstrengend in dieser geräuschvollen, lebhaften, aber auch durchaus eindrucksvollen Stadt.
Wir beschäftigen uns mit dem Vietnamkrieg, waren in Cu Chi, der Region, die die meisten Agent Orange und Napalmbomben im Krieg abbekommen hatte, und sind sehr sehr beeindruckt von dem 200 km langen unterirdischen Vietkongtunnelsystem, das bis unter ein US-amerikanisches Headquarter reichte. Marion krabbelt 500 m durch einen alten Tunnel. Gleichzeitig ist der Horror dieses Krieges bedrückend nahe. Ballermann zum Abschluss: scharfes AK47 schießen für Touris.
Weiter geht es mit dem Boot ins Mekongdelta, wir besichtigen u.a. eine Nudel- und Kokosbonbonproduktion (Marions is(s)t begeistert) und besuchen den schwimmenden Markt von CanTo. Dann schippern wir dahin, wo der Pfeffer wächst, auf die Insel Phu Quoc, wo wir eine Woche bleiben. Wir wohnen dort an einem Palmenstrand in einem kleinen Steinhäuschen mit Bambusdach und Hängematte auf der Terrasse und verbringen unsere Zeit am Strand, gehen im lauwarmen Wasser schwimmen, das Axel sehr liebt, und schlürfen Drinks in den Liegestühlen. Auch das köstliche vietnamesische Essen schmeckt besonders gut im kleinen Strandrestaurant. Auf der Insel ist es dank Axels guter Fahrkünste möglich, mit dem Moped zu fahren, wenngleich auch das manchmal Abenteuer birgt. So erkunden wir die ganze Insel und sehen viel von dem Leben der Einheimischen. Phu Quoc ist eine Insel, die sich sicher noch entwickeln wird, vor allem an der chaotischen Infrastruktur und am Müllproblem müsste dringend gearbeitet werden. Per Flugzeug gehts weiter nach Saigon und von dort mit dem Nachtzug (17 Stunden) nach DaNang bzw. HoiAn. Der Zug erinnert uns an die Transsibirische Eisenbahn.
HoiAn ist ein wunderschöner Ort, auch Weltkulturerbe wie Luang Prabang in Laos, und das zu Recht. Die Altstadt ist bezaubernd und der Rahmen drum herum auch: ein wunderschöner Strand, die ländliche Umgebung mit den Reisfeldern, die schmucken kleinen von Palmen und Bananenstauden umsäumten Häusern und kleinen Gassen am Fluss entlang, Wasserbüffel, … alles wie auf den Postkarten, die man so kennt. Und hier sehen wir, dass es in Vietnam auch schon anders geht: es gibt keinen Müll, der stört! Vor allem haben es uns die offenen, herzlichen und fröhlichen Vietnamesen angetan, die uns auch schon in Phu Quoc sehr sympathisch waren. Wir haben uns dran gewöhnt, dass sie auf eine humorvolle und clevere Weise versuchen Profit zu machen und wir wissen inzwischen, was wir dem entgegensetzen müssen. Marion kann es aber immer noch nicht gut ertragen, den meisten dieser zahlreichen, hoffnungsvollen, armen, etwas anpreisenden Menschen eine Abfuhr erteilen zu müssen. Hundert Mal am Tag geht’s so: “Madame, visit my shop?“ „No, thank you!“ Allerdings haben wir leider auch einige sehr unangenehme Erfahrungen mit Menschen, die ganz offen kriminelle Taktiken mit völlig unglaubwürdigen Lügen anwenden, um an unser Geld zu kommen. Dabei sind sie recht aggressiv und haben uns teilweise auch körperlich bedroht. Das bedrückt uns nachhaltig.
Um die Atmosphäre der Orte mit ihren Menschen richtig aufzunehmen und eine richtige Entspannung zu finden, ist es für uns wichtig, länger an einem Ort zu bleiben. So bleiben wir auch in HoiAn wieder eine Woche und fliegen dann weiter nach Norden über das nette Städtchen Haiphong zur Insel CatBa (neben der Halongbucht). Hier haben wir trotz der vorausgesagten akzeptablen Wetterverhältnisse Pech mit dem Wetter. Es ist jeden Tag grau, neblig und nieselt viel. Anfangs ist es dabei noch sehr kalt (14 bis 17 Grad ohne Heizung), die Temperaturen steigen dann in den letzten zwei Tagen auf 15 bis 20 Grad. Wir versuchen das Beste daraus zu machen. Die Insel ist wunderschön, sie bietet ähnliche Bilder wie die Halongbucht (hohe Felsen, die dicht neben einander aus dem klaren Wasser ragen) und zeigt noch wenig berührte Natur. Abends hallt lautes Karaoke über die Bucht. Wenn die Leute wenigsten gut singen könnten! Drei Nächte reichen, wir verzichten bei diesem Wetter auf eine Kajaktour und machen uns vorzeitig auf den Weg nach Hanoi.
Hanoi gefällt uns auf Anhieb. Französisches Flair und großzügige Fußwege in der quirligen Altstadt machen das Sightseeing zu einem Vergnügen, auch wenn es immer noch grau und feucht ist. Wir besuchen Onkel Ho, der seit 30 Jahren wie Schneewittchen unfreiwillig im Glassarg liegt und sich über den täglichen Rummel ärgert (er selbst wollte verbrannt werden und ein bescheidenes Grab haben) und das exzellente Wasserpuppentheater. Wir wohnen in einem kleinen, einfachen, aber sehr familiären Guest House und fühlen uns manchmal fast als Teil der Familie. Hier, wie auch zuvor in den anderen Orten Vietnams, haben wir auf Anhieb Glück mit unserer Unterkunft. Wir werden sehr gut, zum Teil herzlich, aufgenommen und fühlen uns immer wohl.
Am 6. 3. fliegen wir zurück nach Bangkok, um eine fast vierwöchige Reise in den Süden Thailands zu beginnen. Wir wollen einige der reizvollen thailändischen Inseln besuchen und „ein wenig Urlaub“ machen.
Dann rückt unser Rückflug in den deutschen Frühling immer näher.
Ganz herzliche Grüße von Marion und Axel